Puerto Vallarta (Mexico)

 

Freitag, 12. Oktober

Unser Ausflug startet erst um 12:45.
Reinhard nimmt uns in Empfang. Ein eingebürgerter Mexikaner, vormals ein Deutsch Schlesier, dessen Familie in den späten Dreissigern vertrieben wurde. Er wuchs in Köln und Hamburg auf und verliess Deutschland in den Siebzigern. Auf seinen Wanderungen hielt er sich in verschiedenen Zentralamerikanischen Staaten auf, bis er sich hier endgültig niederliess.

Wir fahren der Küste entlang zur Altstadt. Entlang der schön gestalteten Promenade namens Malecon staunen wir immer wieder über die riesigen Brecher, die tosend auf die Ufersteine und die Ufermauer prallen.
Reinhard erklärt uns die Bedeutung und die heilsamen Wirkungen der verschiedenen Bäume, deren Früchte und der Palmen entlang des Malecon.

In einem Geschäft kann man mitverfolgen, wie eine Frau winzigen Perlen zu einem farbenfrohen Ornament auf einer Umhängtasche anbringt. Der Klebstoff sei eine Art Bienenwachs. In dieser Technik sind die verschiedensten Figuren, Vögel, Tiere, Heilige etc. und Gebrauchsgegenstände in allen Grössen und Verzierungen gefertigt und käuflich. Eine bunte Fantasiewelt!

Über die Opalgewinnung, einem hiesigen Erwerbszweig, bietet ein Bijouteriegeschäft Anschauungsmaterial. Da liegen am Eingang echte Steinbrocken mit den Einschlüssen von blauem und weissem Opal. Im Innern dann die verarbeiteten Steine. Sehr eindrücklich; aber wie sie so in Silber gefasst sind, wollen sie die Kauffreude nicht recht aufkommen lassen. Die Preise lassen uns an die Patrizia denken und an das, was sie über die Gringos gesagt hat. Wir sind uns natürlich bewusst, auch als solche zu gelten. Wer weiss hier schon was von den ehrlichen und sparsamen Schweizern!
Einen weiteren Halt legen wir beim Triton And Mermaid an der Waterfront ein und lassen uns den tieferen Sinn der hier aufgestellten Bronzefiguren und -plastiken erklären. Ebenso die inneren Werte der mit flachen schwarzen Steinen gebildeten Figuren und Ornamente auf den Gehwegen. Die Zeit vergeht im Flug. Claudia drängt sanft.

So hasten wir an einem Starbucks vorbei (Internet, Mails checken! Nada) zum Hauptplatz mit dem Stadthaus. Im Innenhof ist’s etwas kühler. Die Hitze + Luftfeuchtigkeit haben längst den Erträglichkeitspegel überschritten. Heute sei ein Feiertag. Deshalb sei der Zugang zu den Schaltern geschlossen. Trotzdem wacht eine aufmerksame Polizistin, damit wir keine Dummheiten anstellen.

Die Kathedrale besuchen wir natürlich auch noch. Schön hell und kühl, viel Gold und Heiligenbilder. Dann die Bildergeschichte von einem Ungläubigen, bei dem, als er seinen Mantel aufknöpft, zum Zeichen seiner Erlösung Rosen herausfallen!

In einem Gemüseladen erfahren wir im Vorbeigehen einiges über exotische Früchte: Mangos, Papayas, Avocados, Chili usw. Wir sehen das älteste Haus der Stadt, traditionell in Lehmziegeln gebaut. D.h. meterdicke Mauern, die im Sommer die Wärme und im Winter die Kälte abhalten. Weniger als 15 Grad betrage sie aber nie. Die Gassen sind sauber, die Hauswände strahlen in hellem Weiss, Türen und Fensterrahmen sind in bunten Farben bemalt und die Strassen mit Kopfsteinpflaster belegt.

Wir überqueren einen kleinen Fluss auf einer Schaukelbrücke. Reinhard hält Ausschau nach einem Baumleguan. Tatsächlich hockt da einer weit oben. In dieser Stadt wurde der Film Nacht der Leguane mit Liz Taylor und Richard Burton gedreht. Hier sollen sie sich auch ineinander verliebt haben und sich von ihren damaligen Ehepartnern scheiden gelassen haben.

Nach einem kurzen Intermezzo über Blüten (sie wachsen an einem Baum), die in Hawaii für die Blütenkränze verwendet würden – Wegarbeiter pflücken sie galanterweise für unsere Damen – hüpfen wir in den bereitstehenden Bus und ab geht es dem Meer entlang zu den drei Arcos, 20 min. ausserhalb. Hier reiht sich Hotelkasten an Hotelkasten. Linkerhand dehnt sich der Urwald über mehrere 100 km aus, wie Reinhard berichtet. Überhaupt kann er nicht genug von der Tier- und Pflanzenwelt erzählen. Claudia nervt sich leise im Hintergrund. Der Blick auf die Arcos (zwei mit Buschwerk bewachsene Felsbuckel, die aus dem Meer ragen) ist sehr schön.  Immer wieder erstaunt uns der enorme Wellenschlag.

Nächste Station ist eine Tequila Fabrik. In Wirklichkeit handelt es sich aber um eine Degustation verschiedener Tequilas unter einem frei stehenden Blechdach. Wir probieren den weissen, den etwas dunkleren (9 Monate) und den cognacfarbenen (3 Jahre in französischen Eichenfässern gelagert). Dann noch mehrere Liköre, mit den verschiedensten Aromen. Bei den Preisen lässt Patrizia wiederum grüssen. 65$ für den dreijährigen erscheinen uns doch etwas gar viel. Sicher hätte er mit sich darüber reden lassen. Aber schon bringt uns der Bus zur nächsten Station.

Reinhard soll die 10 Margeritas und 4 Cokes doch schon mal im Restaurant vorbestellen. Das grosse Haus lässt sich sehen! Wir sitzen auf einer breiten Terrasse mit Blick auf das Meer und den schäumenden Strand. Weil es schon gegen vier geht, spendiert uns Claudia – einige von uns haben scheinbar Hunger signalisiert – Baccamole mit Tortilla Chips. Sehr gut!

Als wir auf der breiten Avenida zum Schiff fahren, spricht Reinhard noch von den fehlenden Velowegen und vom Verzicht auf Rauchen und Alkohol, die einem erwiesenermassen ein gesundes und langes Leben bescherten. Das sei besonders sinnvoll, angesichts der hier sehr kostspieligen Krankenpflege. Worauf eine Mitreisende meint, das sei noch lange kein Grund sich so zu verhalten. Sie wolle eben ihr Leben geniessen. Reinhard ist möglicherweise doch noch nicht richtig in Mexiko angekommen, eben, ein Vertriebener. Wir, die nie unsere Komfortzone verlassen mussten, werden die Tragik eines solchen Schicksals kaum je verstehen können.

Es war ein guter, interessanter und heisser Tag, und weil wir schon beim Verzicht sind, ein kleiner gehörte auch dazu: der in Aussicht gestellte kurze Check der Mail- und Whatsapp Box mit Grüssen nach Zuhause und das mit den Andenken.
Dafür entschädigte uns das süsse und freudige Lächeln von Natalia (ukrainischer Herkunft) beim Eingang zum Esssaal, das feine Essen mit dem guten, kühlen Chardonnay von der charmanten Sommelière namens Genesis (Philippinen). Ja, sie schenkt sogar noch nach, (wahrscheinlich) weil wir so nette Gäste sind.